PR und Dokumentation
aus dem Programmheft:
Günther Witschurke: Chatyn-Reflexionen
Vor etwa 15 Jahren wurde ich mit einer Reisegruppe zu dieser Gedenkstätte geführt. Die tragischen
Ereignisse aus der Vergangenheit lösten in mir eine solche Erschütterung aus, dass ich das Dorf
noch einmal allein aufsuchen musste. Lange habe ich mich dort aufgehalten. Plötzlich hörte ich
den Todesschrei aus den Flammen, die Opfer sprachen mich an, sie richteten ihren Ruf an mich.
Und dann mischte sich der Klang der Glocken des Gedenkens "jenem Chor" zu.
Die Last des Furchtbaren appellierte an mein Gewissen. Sofort begann ich mit ersten Skizzen für
ein sinfonisches Werk. Das Thema ließ sich aber nicht leicht erobern. Der Weg von der
ursprünglichen Idee einer Kammerbesetzung bis zur chorsinfonischen Form dauerte mehrere Jahre.
Ganz bewusst habe ich das Werk im zeitlichen Ablauf kurz gehalten, um die Spannung in der
Dichte auszudrücken. (Nebenbei soll bemerkt werden, dass die "Glocken" der erste, in der
Aufführungspraxis jedoch selbständige Teil eines Diptychons sind.)
Der Verbindungsbogen zwischen der Neunten des von mir so hoch geschätzten Ludwig van
Beethoven und meiner bescheidenen Musik ist vielleicht im Ethischen zu suchen. Die
Grundeinstellung gegen alles Zerstörerische und das Bejahen des Konstruktiven: das wird wohl
die gemeinsame Aussage dieser beiden Kompositionen sein, die jetzt im selben Konzert erklingen
werden.
Max Pommer: Widerspruch oder Konsequenz?
"Und eine solche Traurigkeit ergriff uns des Abends, dass wir zu den Leuten gingen und ihnen
klagten: Auch wir gehören zu den Toten des nächsten Krieges. Wir schreien zu euch: Helft uns,
sonst scheiden wir ab."
Viel länger nicht als diese Verse des Lyrikers Karl Mickel erscheinen mir jene siebenundsechzig
langsamen Takte, die Günther Witschurkes "Die Glocken von Chatyn" ausmachen. Der Atemzug
eines Menschen in den Dimensionen der Musik, kristallisierter Augenblick in einem
menschenvernichtenden Ereignis - den Arien in Bachs Passion vergleichbar.
Als ich den Auftrag übernahm, dieses mit dem Hanns-Eisler-Preis des Rundfunks ausgezeichnete
Werk in Berlin zu produzieren, kam mir der Gedanke, es vor die 9. Sinfonie von Beethoven zu
stellen und damit in eine Leipziger Tradition, die Herbert Kegel mit seiner Aufführung des
"Überlebenden aus Warschau" von Arnold Schönberg begründete. Diese Programme haben einen
tiefen Sinn.
Beethovens Musik setzt nicht sofort einen Kontrapunkt zum eben Gehörten. Sie entwickelt aus der
leisen und ausgehöhlten Quinte ihres Anfangs Energien, die alle menschlichen Reaktionen auf die
Überwindung deGrauens mobilisieren. Es ließe sich ihr, wenn man sie so begreift, unterlegen, was
Thomas Mann sich zur Feier von Schillers 150. Todetag wünschte: "Von seinem sanft-gewaltigen
Willen gehe durch das Fest seinerGrablegung und Auferstehung etwas in uns ein: Grablegung und
Auferstehung etwas in uns ein: zur inneren Freiheit, zur Kunst, zur Liebe, zum Frieden, zu
rettender Ehrfurcht des Menschen vor sich selbst."
1989
1992
Im Kunstverein PIKANTA Leipzig e.V.
ist Günther Witschurke seit 1992 in
zahlreichen Projekten beteiligt.
Witschurke mit dem Dirigenten
David Kram, London
1994
New York 1994
1998
Wien 1998
aus der Postmappe:
...mit Ihrem Werk "Ein feste Burg", das der
Posaunenchor im Fernsehgottesdienst am
Reformationstag uraufgeführt hat, haben Sie uns und
vielen Fernsehzuschauern ein großes Geschenk
gemacht... Verantwortlichen vom Fernsehen waren
beeindruckt und haben ihre Selbst die Bedenken,
dass die Länge des Stückes für ein Fernsehpublikum
nicht zumutbar sei, zurückgestellt.
Modersohn, Superintendent
Zeitungsbericht
von der
Spanienreise
2000 (Calpe)
Auch mit dem international geachteten Posaunenchor Altenburg
(Leitung: Joachim Roth, Solo-Trompeter und eccolo-Mitglied)
entwickelte sich über viele Jahre ein produktives
Zusammenwirken: musikalische Ausbildung von Laien,
Anregungen zu Kompositionen, Auftragswerke, gemeinsame
Konzerte, Konzertreisen u.a.
im Schloss Altenburg
Israel 1994 (Jerusalem)
Jordanien 1998 (Jerasch)
2001
...die Musik ist natürlich hervorzuheben. Witschurke hat ein tolles Werk geschrieben; die Musik
ging uns unter die Haut, die Bläser haben beeindruckend wiedergegeben. Ich kenne einige
Orgelwerke zu "Ein feste Burg", aber dieses Werk für dieses Ensemble mit seinem zarten Schluss
war für uns am Reformationsgedenken ein besonderes Erlebnis.
Uwe Pilgrim
2002
Konzerteindrücke - notiert von Schülerinnen der Musikschule Altenburger Land
(Auszüge, aus "Osterländer Volkszeitung", 26.01.02)
...Im vierten Philharmonischen Konzert des Theaters Altenburg-Gera wurden drei
Stücke völlig unterschied-licher Natur und aus verschiedenen Zeitepochen aufgeführt,
wobei die Uraufführung des Orchesterwerkes "Die Glasfenster von Jerusalem" den
Höhepunkt bildete. Das zeitgenössische Werk des Altenburger Komponisten Günther
Witschurke ... offenbarte neuartige und facettenreiche Klänge... Das Werk ist modern,
ohne den Zuhörer, wie bei manch anderen zeitgenössischen Orchesterwerken, zu
verwirren oder abzustoßen...
Kristina Lehnert, 18 Jahre
Ein Schauspiel für alle Sinne - mit diesen Worten lässt sich das Konzert "Die
Glasfenster von Jerusalem" ... für meine Begriffe am besten umschreiben. Ich selbst
konnte mich sehr gut mit der enormen Vielfältigkeit an Klangfarben, die auf
Erlebnissen Witschurkes auf einer Jerusalem-Reise basieren, identifizieren.
Für mich besonders beeindruckend war der stetige und zumeist unerwartete Wechsel
zwischen Piano und Forte, der den Kontrast zwischen Dunkelheit und dem plötzlich
durch die überdimensional großen Glasfenster von Chagall einfallenden Licht
darstellen soll. Fasziniert hat mich auch, mit welchen Ideen und Mitteln Witschurke
seine Gefühle und Eindrücke umgesetzt hat. Die Vielfalt der Instrumente reichte vom
sonst im Konzert weniger zu hörenden Synthesizer bis zur "gewöhnlichen" Querflöte,
die jedoch, der musikalischen Wirkung wegen, im oberen Rang des Zuschauerraumes
Platz genommen hatte...
Antje Kley, 16 Jahre
2003
"Ground Zero" im Völkerschlachtdenkmal
...Der Tag des offenen Denkmals"...erhielt einen besonderen musikalischen Akzent. Der Posaunenchor
Altenburg unter der Leitung von Joachim Roth war nach seinem Debüt im Jahre 2000 das zweite Mal
hier zu Gast.
Das Orchester kann auf eine mehr als 110-jährige Tradition zurückblicken...Das Hauptwerk dieser
„Stunde der Musik", „Ground Zero" op. 152 für Blechbläser, Orgel, Pauken und Schlagwerk von
Günther Witschurke, spontan im Jahre 2001 nach dem 11. September entstanden und in der
Orgelfassung bereits eindrucksvoll in Manhattan aufgeführt, schien ganz und gar für die
Denkmalakustik geschrieben. Hierbei kamen nicht nur die musikalischen Fähigkeiten der teilweise
frei agierenden Orchestermitglieder zur Wirkung, das Ambiente des Denkmals mit seinem
akustischen Medium verstärkte auf eindrucksvolle Weise die Intentionen dieser Musik. Der großen
emotionalen Wirkung konnten sich auch jene Besucher nicht entziehen, die nicht zielgerichtet zum
Konzert, sondern „einfach um das Denkmal zu sehen" gekommen waren.
Der Altenburger Posaunenchor, wie auch Witschurkes musikalische Ambitionen, haben sicherlich in
diesem Denkmalbau noch manche Möglichkeiten - es bleibt zu hoffen, dass sie regelmäßig hier zu
hören sind und sich auch zu Experimenten verführen lassen, die die einmaligen räumlichen
Dimensionen des Denkmals a priori einbeziehen.
Dietrich Wenzel (in "abg- net" und "Glaube und Hoffnung")
2004
Konzert mit Werken
Witschurkes in Altenburg
Konzertreise des
Posaunenchores Altenburg
nach London
Kammerkonzert
in Sandershausen
2005
Der Posaunenchor
zur Festwoche „100 Jahre
Brüderkirche Altenburg“
Der Posaunenchor
in Paris
Musik von Witschurke
erklingt zur
"Prinzenraub"-Aufführung
im Schlosshof Altenburg
2006
Der Posaunenchor Altenburg
spielt im Radiogottesdienst von
mdr-Figaro u.a. Werke von
Händel, Krebs und Witschurke
2. Saison der "Prinzenraub"-
Aufführungen
im Schlosshof Altenburg
Werke von Witschurke
im Frühlingskonzert
des Stadtorchesters Olten
Witschurke mit Gutmann
zur Jüdischen Woche
in Leipzig
1999
Zwei genreübergreifende Projekte
im Leipziger Völkerschlachtdenkmal
der Posaunenchor Altenburg
im Völkerschlachtdenkmal
zu Leipzig und im
Dom zu Zeitz
Der 3. Altenburger Prinzenraub
mit Witschurkes "Fanfaren"
Felix Friedrich an der
Trost-Orgel der
Schlosskirche Altenburg
Witschurke mit Yossi Gutmann
im Kunstverein PIKANTA Leipzig, eine
Referenz des großen Bratschers zum Jahr
des 70. Geburtstags des Komponisten
2008
Konzert im
Landestheater Altenburg
Uraufführung und Wiederaufführung
der Passionsmusik
Witschurkes Matthäus-Passion uraufgeführt
Das Passionsgeschehen ist der wohl am meisten verarbeitete Stoff in den Künsten der christlichen Kultur.
Man denke da nur an die herausragenden Passionsvertonungen von Schütz und Bach. Wie gut, dass sich
auch noch heute viele Künstler dieses bedeutsamen Themas annehmen. Und noch besser, wenn derartige
Kompositionen als Auftragswerk hervorgehen. So wandte sich im vergangenen Jahr Benno Schäffel,
Pfarrer der hiesigen katholischen Pfarrei, an den Altenburger Komponisten Günther Witschurke (geb.
1937) mit der Anfrage, eine Passion zu komponieren, die den musikalischen Gegebenheiten der Gemeinde
gerecht werde und für den liturgischen Gebrauch geeignet sei.
Und schon im Herbst letzten Jahres...war die Partitur seines Opus' 171 vollendet: „Das Leiden unseres
Herren Jesus Christus nach dem Matthäus-Evangelium", das am vergangenen Sonntag in der fast voll
besetzten katholischen Kirche Altenburg zu seiner ersten Aufführung gelangte.
Mit der Vertonung der Passionsworte nach dem Evangelisten Matthäus hat Witschurke ein sehr
ergreifendes Werk geschaffen, das von ruhig-ausdrucksstarken, meditativen Passagen über
spannungsgeladene, explosive Ausrufe des erregten Volkes bis hin zum schlichten Schlusschoral sämtliche
Facetten beinhaltet.
Durch die interessante Instrumentalbesetzung mit jeweils einer Flöte (gespielt von Katharina Brosinski),
Trompete (Joachim Roth), Posaune (Gunnar Heurig), Tuba (Winfried Hamann), Violine (Christiane
Gärtner), Violoncello (Ulrike Wicklein) sowie Schlagwerk (Beatrix Kilenyi-Witschurke/Martin
Burkhardt) bietet sich ein breites Spektrum klanglicher Effekte. Und tatsächlich werden alle klanglichen
Möglichkeiten der Beteiligten ausgereizt, ohne jemals aufgesetzt zu wirken. Außerdem sieht die Partitur
eine Orgelstimme vor, durch deren Übernahme der Komponist persönlich an der Uraufführung beteiligt
gewesen ist.
Eine wesentliche Bedeutung kommt dem Chor zu, der überwiegend in die Rolle der Hauptakteure des
Passionsgeschehens wie Pontius Pilatus, das Volk oder die Soldaten tritt. Diesen Part übernahm der
Jugendchor der Gemeinde, der in seiner klanglichen Homogenität bewies, wie gründlich an der
Einstudierung der Chorstimmen gearbeitet worden war. Mit intonatorischer Korrektheit sowie Flexibilität
in der Dynamik zeigte er, dass er sich als Vokalensemble in unserer Region durchaus hören lassen kann.
Die Arbeit der drei Chorleiterinnen Judith, Juliane und Ulrike Wicklein ist anerkennenswert, birgt der
Chorsatz doch auch rhythmische und harmonische Tücken. Mit Michael Boße und Martin Kochalski
waren obendrein zwei Sprecher an der Aufführung beteiligt, die deutlich, in angenehmem Tonfall den Text
des Evangelisten sowie die Worte Christi rezitierten.
Unter der Gesamtleitung von Thomas Wicklein hörten die Besucher eine anspruchsvolle Uraufführung.
Allen Ausfiihrenden gebührt große Anerkennung. Bleibt zu hoffen, dass das Werk auch anderswo
erfolgreich aufgeführt wird.
Witschurke doziert
in Weimar über die
"Glasfenster von Jerusalem"
Uraufführung
"An die Heilige Elisabeth
von Thüringen"
zum 4. Mal:
Altenburger Prinzenraub
Günther Witschurke betrauert den
Verlust seines Musikerfreundes
Joachim Roth – Solotrompeter,
Mitglied des Ensembles eccolo,
Leiter des Posaunenchores Altenburg,
Träger des Kunstpreises der Stadt
2008, der im Alter von 56 Jahren am
11.12.2008 nach schwerer Krankheit
verstorben ist.
Uraufführung im Dortmunder Festival:
„LULAW für Violine und Viola“
durch Yossi Gutmann und Yair Kless
2007